385 - Manege der Freaks by Kern Claudia

385 - Manege der Freaks by Kern Claudia

Autor:Kern, Claudia [Kern, Claudia]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-20T23:00:00+00:00


Bhobross hatte sich entschuldigt, weil er sich auf seinen Auftritt vorbereiten musste, und so stand Matt allein neben dem Zelteingang, als Aruula mit ihrem grotesken Make-up und den riesigen Schuhen in die Manege schlurfte. Sie zog einen abgedeckten Handkarren hinter sich her.

Matts Blick fand den Todesschützen auf den Rängen und legte die Hand auf den Griff seiner Laserpistole. Der Soldat hatte dem Typen die Armbrust zwar abgenommen, ihn aber nicht durchsucht. Wer wusste schon, welche Waffen er noch unter seinem schweren Winterumhang verbarg.

Aruula hatte die Mitte der Manege noch nicht erreicht, da stolperte sie über ein unsichtbares Hindernis und tat so, als würde sie von ihrem Schwung nach vorn getragen. Übertrieben ruderte sie mit den Armen, drehte sich um und schlurfte zu der Stelle zurück, an der sie gestolpert war. Das Publikum sah schweigend zu, wie sie so tat, als würde sie über das Hindernis hinwegsteigen. Das gelang anscheinend, denn sie rieb sich zufrieden die Hände. Einzelne Zuschauer lachten.

Das geht nicht gut, dachte Matt.

Aruula ging weiter und prallte gegen eine unsichtbare Wand. Dieses Mal fiel sie hin – und das Gelächter auf den Rängen war wie eine Explosion. Matt sah sich verwirrt um. Vielleicht war irgendwo ja etwas Komisches passiert, das er nicht bemerkt hatte … Aber nein, die Zuschauer konzentrierten sich auf Aruula, die nun linkisch versuchte, aufzustehen und dabei zuerst mit dem Gesicht und dann mit dem Hintern in den Sägespänen landete.

Die Menge tobte. Matt sah, wie der Todesschütze Biir über die Frau prustete, die vor ihm saß. Andere klopften sich vor Lachen auf die Schenkel. Nummer drei hielt sich den Bauch und Nummer eins griff unter seine Maske, um sich die Lachtränen aus den Augen zu wischen.

Sie finden das komisch. Matthew war fassungslos. Sie finden das tatsächlich komisch.

Es war Humor für Vierjährige. Aruula stolperte, fiel ihn, stand auf und stolperte wieder. Er hatte den Eindruck, dass sie das den ganzen Abend hätte tun können, ohne ihre Zuschauer zu langweilen. Doch die obere Hälfte der Sanduhr war fast leer. Ihre Zeit lief ab.

Aruula ging zum Handkarren und warf theatralisch die Decke zur Seite. Darunter kam eine weiße Torte zum Vorschein, die sie übervorsichtig herausnahm und zum Jurytisch trug. Dabei wäre sie beinahe zweimal hingefallen. Das Publikum schien zu ahnen, was als nächstes geschehen würde, denn das Gelächter wurde noch lauter.

Aruula enttäuschte es nicht. Nur noch einen Schritt war sie vom Jurytisch entfernt, als sie stolperte und die Torte hoch in die Luft warf. Einen Moment lang starrte sie auf ihre Hände, als könne sie nicht begreifen, was geschehen war, dann hob sie den Kopf – und die herabfallende Torte klatschte ihr ins Gesicht.

Die Zuschauer sprangen auf. Sie johlten, applaudierten und lachten. Die drei Jurymitglieder sahen sich kurz an und nickten, dann hob der Vorsitzende die Hände. Es dauerte fast eine Minute, bis der Applaus abebbte.

„Aruula“, sagte der Vorsitzende, „wir müssen keine großen Worte verlieren, der Applaus spricht für sich. Wir sehen uns in der nächsten Runde.“

Matt applaudierte zusammen mit den Zuschauern, als Aruula mit dem Handkarren hinter sich aus der Manege schlurfte.



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